82 km, 2620 hm | Landeck - Grins - Römerweg - St. Anton am Arlberg - Verwall-Tal - Heilbronner Hütte - Galtür - Ischgl - Fimbatal - Bodenalpe
Bereits in der Nacht auf Tag 2 bemerkte ich den Regen, der unaufhörlich und scheinbar sehr ausgiebig auf unser Dach prasselte. Am Morgen präsentierte sich uns Landeck auch entsprechend nass und unter tiefhängenden dunkelgrauen Wolken, welche keinen besonders schönen Tag erahnen ließen. Erst einmal pünktlich um acht Uhr losgerollt, stellten wir jedoch sehr bald fest, dass es tagsüber aufklaren würde.
Die ersten Kilometer vorbei an Pians und Grins, dann dem rechten Tal Richtung Flirsch folgend, gestalteten sich als anstrengende Asphaltkraxelei ohne besonderen Reiz. Wäre nicht die sagenhafte Kulisse der umliegenden Berge und die zerrissenen Wolken- und Nebelfetzen allerorts gewesen, hätte es vermutlich nur halb soviel Spaß gemacht. Es sollte immer noch ein paar Stunden dauern, ehe sich endlich das wahre Transalp-Feeling einstellte.
Dem Talverlauf weiter folgend ging es dann immer mal rechts hoch in die waldigen Wände. Auf Forst- und Wanderwegen machte mir diese Abschnitte bedeutend mehr Freude, als die bisherigen Asphaltstücke. Leider haben wir uns oberhalb von Flirsch in einem Waldstück ein wenig verloren und mussten etwa 100 vergeblich erklommene Höhenmeter wieder unverrichteter Dinge abfahren. Der weitere Verlauf des Tals zog sich bis St. Anton am Arlberg dann wieder auf Rad- und Wiesenwegen, wieder im relativ dichten urbanen Umfeld dahin.
Gegen Mittag erreichten wir St. Anton am Arlberg, sozusagen DIE Touristenhochburg des Verwalls, eindeutig zu wohlhabend für diese Gegend, eine Hotel- und Edelgeschäftansammlung und Magnet für die Bessergestellten und damit so gar nichts für mich. Ich habe zugesehen, dass ich dort wieder weg komme, denn nichts lag mir auf einem Alpencross ferner, als Touristentempel zu besuchen.
Wie abgeschnitten gingen danach die Wege in die reine Natur über. Spätestens ab dem Verwall-Stausee, einem postkartengleich in die Landschaft drappierten, wunderschönen Bergsee, begann die so sehnlich herbeigewünschte raue Natur der wahren Alpen. Dort allerdings zeigte sie sich noch knapp unterhalb der Baumgrenze in oscarreifer Szene:
Für mein bergverliebtes Herz war das definitv die erste Labsal der Reise; je höher wir kamen, desto schöner wurde die Umgebung in meinen Augen. Ich konnte mich gar nicht sattsehen an den saftig-grün grasbewachsenen Hängen oberhalb der Baumgrenze. Einzig die Kondition meldete sich so langsam dank der bis hier hin bereits abgespulten 40 Kilometer mit etwa 1000 Höhenmetern. Aber noch war ich guter Dinge, meine Laune ungetrübt und die sich ankündigende Erschöpfung nur eine Info meines Körpers zur allgemeinen Kenntnisnahme.
Mit den rauheren Gefilden und fortschreitender Dauer / Steigung begannen nun aber auch spürbar die Strapazen. Aufgrund der bisherigen (eher urbanen) Etappen hatte ich noch keinen Rhythmus gefunden, war noch nicht im runden, ruhigen Tritt und spürte so langsam jeden Höhenmeter. Hinzu kam, dass sich die dort so derartig weitläufige Landschaft nur noch geringfügig veränderte. Was man am Horizont erspähen konnte, war mitunter eine Stunde Fahrt später immer noch am Horizont. Das wirkte bald ein wenig einschüchternd und demotivierend auf mich, aber jeder Blick über die Schulter zurück versetzte mich immer wieder in ein großes Erstaunen, wie man dennoch voran kam, was man doch bereits geschafft hat. Eine völlig neue Lehre für mich und ein beginnendes Wechselbad der Gefühle! Auch wurden die Wege immer uriger und schmaler, bis zum Schluss nur noch ein besserer Trampelpfad übrig war, der, hätte er auf 700 Metern über Null gelegen, schon anstrengend genug gewesen wäre. Hier auf um die 2000 Meter jedoch wurde er mein erster vorläufiger Meister! Der durchaus teils technische und steile Aufstieg zur Neuen Heilbronner Hütte war um die 2200 Meter für mich der erste Punkt, an dem innere Zweifel aufkeimten, und an dem ich mich fragte, ob ich dieser Sache tatsächlich gewachsen sei. Teils schnaufend, stampfend pedalierend, teils mit dem Bike auf der Schulter oder schiebend, häufig den Puls jenseits der 160 kämpfte ich mich in Richung des ersten Passes hoch.
An diesem Punkt entdeckte ich eine Geheimwaffe gegen Erschöpfung, Selbstzweifel und Monotomie für mich: Pausieren, den Neun-Kilo-Rucksack absetzen, Strecken, ein wenig herumlaufen oder auch Hinsetzen und dahin zurückschauen, woher Du gekommen bist. Der gigantische Ausblick und die Gewissheit, was Du zu leisten imstande bist, helfen psychisch und physisch ungemein, neue Kraft zu schöpfen und wieder etwas ausgeglichener - glücklicher - zu werden. Mithilfe dieser neugewonnenen Taktik, schaffte ich auch die letzten Meter zur Heilbronner Hütte, vorbei an den kleinen, idyllischen vorgelagerten Bergseen, hinauf zum mit 2320 Metern über Null höchsten Punkt dieser Etappe. Von der Hütte aus kann man einen beeindruckenden Blick nach Süden in Richtung Kops Stausee erhaschen. Das Wissen darum, dass dieser "malerische Pfad" durch das saftige Hochlandgrün da unten der Meine sein würde, brachte mich schnell wieder in Hochform. Eine Stunde sonnige Pause und einen leckeren Apfelstrudel später saßen wir wieder auf den Bikes und sollten die erste "richtige" Alpen-Abfahrt der Reise erleben:
Der Abstieg mit dem Bike durch das folgende Tal war Balsam für die Seele und machte vorübergehend wieder kleine Kinder aus uns, die mit viel zu hoher Geschwindigkeit und übermütigen Bunny Hops lauthals lachend durch das abschüssige Hochland donnerten. Die Strecke entpuppte sich zwar als verfestigter Wirtschaftsweg, allerdings lenkten uns das Adrenalin, der Speed und die einzigartige Kulisse hervorragend davon ab. Wie lang so eine Abfahrt werden kann, wie Metall-Bremsbeläge beim Glühen riechen und was für Muskeln man im Finger hat, wusste ich bis dahin gar nicht. Ein Hochgenuss!
Die Abfahrt führte uns südlich um die Verwall-Gruppe herum und am wunderschönen Kops-Stausee vorbei. Der Charakter des Transalp hatte sich, hier nun etwas abseits der Zivilisation, grundlegend geändert, und langsam gewann ich erste Eindrucke von der wahren Schönheit der Alpen. Wir hingen dank unserer kleinen Verfahrer, meiner gemächlichen Kletterei und der relativ langen Pause auf der Heilbronner Hütte inzwischen schon etwas hinter unserem Zeitplan hinterher, was unseren Spaß an der Abfahrt aber nicht im geringsten trüben konnte.
Nach dem Überqueren der Grenze zwischen Vorarlberg und Tirol ging es Flowride weiter vorbei an Galltür und Ischgl, um dann pünktlich zum Sonnenabschied die letzte kurze Pause vor'm finalen Anstieg zur Bodenalpe zu machen.
Beim Wiederantritt hinauf zum Berggasthof Bodenalpe spürte ich dann auch deutlich die Erschöpfung, die mir dieser lange und steile zweite Tag beschert hatte. Die Luft war raus, der Asphaltanstieg wurde immer länger und die Motivation war langsam aber sicher am Boden. Trotz der Straße und einem recht moderaten Anstieg, konnte ich keine große Kraft mehr abrufen und war ehrlich froh, gegen 20:00 Uhr endlich das Tagesziel in Sicht zu bekommen. Beim Anhalten hatte ich dann auch 81 Tageskilometer und 2597 Tageshöhenmeter auf dem Garmin stehen, meine bisher beste kombinierte Tagesleistung; mit 8-9 kg Rucksack auf einer Mehrtagestour wohlgemerkt. Das darauffolgende Abendbrot, der herrliche Ausblick, die relative Stille und die gute Unterkunft entlohnten jedoch für die Strapazen der Tour.
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